Trainingsmethoden gibt’s wohl wie Sand am Meer. Trainer hingegen, die aufgrund ihrer Persönlichkeit, ihres Palmarès, Talentes, Charismas und Charakters für andere Kollegen ihrer Zunft prägend sind, gibt es nicht zuhauf.
Der 1955 geborene Marcelo Bielsa spielte in der ersten argentinischen Liga als Profi u.a. bei Newell’s Old Boys als Verteidiger. 1980 startete er seine Trainerkarriere und gewann 1991 und 1992 mit den Newell’s Old Boys die argentinische Meisterschaft. Zudem scheiterte Bielsa 1992 erst im Finale der Copa Libertadores und übernahm im Anschluss die mexikanischen Vereine Atlas Guadalajara und Club América, bevor er mit CA Vélez Sársfield den Titel im Clausura-Turnier 1998 holte.
ERFOLG IN SÜDAMERIKA UND SPANIEN
Nach einem kurzen Zwischenspiel bei Espanyol Barcelona übernahm Bielsa 1998 die Nationalmannschaft von Argentinien mit der er den Gruppensieg in der Südamerikaqualifikation zur Fussball-WM 2002 erreichte. Hier schied dann die hochgelobte Nationalelf allerdings bereits in der Vorrunde sang- und klanglos. 2004 wurde Argentinien unter Bielsa Zweiter der Südamerikameisterschaft und gewann bei den Olympischen Spielen in Athen Gold. 2007 wurde Marcelo Bielsa Trainer der Fussballnationalmannschaft von Chile. Mit der für Bielsa bekannten offensiven Marschroute belegte Chile in der Südamerika-Qualifikation zur WM 2010 mit nur einem Zähler Rückstand auf Brasilien den bemerkenswerten zweiten Platz. Dank diesem Erfolg wurde der aufgrund seiner aufbrausenden, etwas verrückten Art «El loco» (Der Verrückte) genannte Bielsa zum Nationalhelden von Chile.
Bei der WM 2010 in Südafrika spielte Chile für viele Experten den intensivsten und schönsten Fussball des Turniers, scheitere jedoch nach einer tollen Vorrunde im Achtelfinale an Brasilien. 2011 übernahm Marcelo Bielsa den spanischen Traditionsverein Athletic Bilbao. Mit dem Erstligisten erreichte Bielsa sowohl das Finale der UEFA Europa League sowie das Endspiel der Copa del Rey. Beide Finalspiele gingen jedoch deutlich verloren.
AKRIBISCH BIS ZUM LETZTEN DETAIL
Marcelo Bielsa ist für seine Fussballbesessenheit und seine akribische, fast schon an Pedanterie grenzende Trainingsarbeit bekannt. Die oberste Priorität in diesem sehr effektiven Training ist das Einüben spielnaher Automatismen, was Marcelo Bielsa mit folgenden Zitat hervorhebt: «Ein Fussballer – so wie jeder andere Mensch, der mit grossem Druck umgehen muss – kämpft oft gegen das, was ich ´temor éscenico`nenne, also gegen Lampenfieber und damit die Angst zu versagen. Wie kann ich nun diese Angst neutralisieren? Durch Automatismen. Ich arbeite konsequent darauf hin, dass der Spieler etwas tut was er kennt, dass er immer wieder übt und folglich nur wenige Fehler macht, wenn es wirklich darauf ankommt.»
Seine Trainingsmethodik hat immer einen taktischen Hintergrund. In der nachfolgenden Übung werden beispielsweise gleichzeitig das Passspiel in verschiedenen Variationen, Laufwege, Positionswechsel sowie eine fussballspezifische Kondition auf einmal trainiert. Alles sehr realitätsnah und intensiv geführt.